Überall, wo Menschen zusammenkommen, ist Hygiene extrem wichtig. Erst recht in Arztpraxen, wo sich Erkrankte die Klinke in die Hand geben. Zum Schutz vor Infektionen und deren Weitergabe braucht jede Praxis ein effektives Hygienemanagement. Das kommt Patienten und Personal zugute.
Das Thema Hygiene fängt bereits bei der Arbeitskleidung an. Sie ist das Aushängeschild einer Arztpraxis und vermittelt Sicherheit sowie Professionalität. Medizinische Praxisangestellte müssen ihre Berufskittel mindestens zwei- bis dreimal die Woche wechseln oder sofort bei Verunreinigungen, etwa mit Blut. Bei der Bereichskleidung, die beispielsweise im OP-Raum oder bei Endoskopien getragen wird, geht es strenger zu. Um eine Keimverschleppung zu verhindern, muss Bereichskleidung täglich oder beim Verlassen des entsprechenden Bereichs abgelegt werden.
Viren und Co.: Übertragung durch Hände
Über die Bekleidung hinaus spielt die Händehygiene eine zentrale Rolle im Infektionsschutz. Denn die meisten Viren, Bakterien und andere Keime werden über die Hände übertragen. Man fasst sich unbewusst ins Gesicht und schon gelangen die Erreger in die Schleimhäute von Mund, Nase und Augen. Deshalb ist Händehygiene ein einfacher, aber wirkungsvoller Schutz vor Krankheitserregern.
Allerdings man muss es richtig machen: Wasser und Seife reichen nur aus, um oberflächlich anhaftende Mikroorganismen zu entfernen. Und zu häufiges Händewaschen kann die Haut austrocknen, ihre Schutzschicht angreifen und die Erreger gelangen dann leichter in den Körper. Als Faustformel gilt deshalb: Hände nicht öfter als nötig und so mild wie möglich waschen. Zum Beispiel vor Arbeitsbeginn, nach dem Toilettengang oder wenn sie sichtbar verschmutzt sind.
Hygienische Händewäsche
Bei Arbeiten mit erhöhtem Infektionsrisiko muss eine gründlichere Desinfektion erfolgen. Eine hygienische Händedesinfektion tötet fast alle Erreger ab und macht die Haut hygienisch rein, ohne sie übermäßig auszutrocknen.
Dazu nimmt man eine ausreichende Menge Desinfektionsmittel und reibt die trockenen Hände 30 Sekunden lang gründlich damit ein.
Wobei auch die Fingerkuppen, Fingerzwischenräume und Daumen nicht vernachlässigt werden dürfen, denn dort nisten sich Viren und Bakterien bevorzugt ein.
Wichtig ist, dass diese Desinfektion unabhängig davon ist, ob Handschuhe getragen werden oder nicht.
Eine hygienische Händewäsche ist zum Beispiel in folgenden Fällen notwendig:
- vor direktem und nach erfolgtem Patientenkontakt
- vor Puls- und Blutdruckmessungen
- vor intensivem Hautkontakt
- vor Kontakt mit nicht intakter Haut und Wunden
- vor Injektionen, Punktionen und Infusionen
- nach Kontakt mit Körperflüssigkeiten und Sekreten
- nach der Entfernung von Verbänden
Weitere Indikationen zur Händedesinfektion – auch der chirurgischen – im ambulanten Bereich listet die Aktion Saubere Hände auf.
Gesetze, Verordnungen und Empfehlungen
Die Kleider- und Händehygiene gehört zu den vielen Bausteinen des komplexen Hygienemanagements. Ein Dickicht aus Gesetzen, Verordnungen und Empfehlungen schreibt vor, wie Infektionsschutz am besten gelingen kann. So gelten für alle medizinischen Einrichtungen bundesweit die Bestimmungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Darin geht es unter anderem um die Meldepflicht von Krankheiten und wie nosokomiale Infektionen vermieden werden können. Ergänzend dazu müssen Arztpraxen die Hygieneverordnungen des jeweiligen Bundeslandes beachten. Nicht zuletzt spielen auch berufsgenossenschaftliche Regelungen eine wichtige Rolle, insbesondere im Hinblick auf den Infektionsschutz für das medizinische Personal.
Hygieneplan ist das A und O
Das Herzstück eines effektiven Hygienemanagements bildet der Hygieneplan, dessen Erstellung für alle Arztpraxen gesetzlich vorgeschrieben ist. Wie ein Plan letztlich aussieht, hängt von den angebotenen Leistungen und Gegebenheiten einer Praxis ab. Handelt es sich um eine Hausarzt-, eine Frauenarzt-, eine kardiologische Praxis oder eine andere Fachrichtung? Alle wichtigen Maßnahmen zu verschiedenen Gebieten werden übersichtlich aufgelistet, die Abläufe beschrieben und dokumentiert. Ein gut strukturierter Hygieneplan deckt mehrere Kernbereiche ab. Zu den wichtigsten zählen:
- Personalhygiene: Diese umfasst die Händehygiene, die persönliche Schutzkleidung und Arbeitskleidung sowie dieAufbereitung von Wäsche. Darüber hinaus werden hier auch Regeln zum Tragen von Schmuck, einschließlich Piercings, und zur Pflege von Fingernägeln festgelegt.
- Umgebungshygiene: Hier finden sich Regelungen zur Desinfektion von Flächen und Objekten sowie Anweisungen zum sorgfältigen Umgang mit (infektiösen) Abfällen.
- Hygiene am Patienten: Es wird festgelegt, wann Schutzkittel, Einmalhandschuhe oder Atemschutz- oder Mund-Nasen-Schutzmasken zu tragen sind. Außerdem werden hier die hygienischen Vorgehensweisen bei verschiedenen Behandlungen, wie Wundversorgung, operativen Eingriffen oder dem Setzen von Gefäßkathetern, detailliert beschrieben.
- Umgang mit Medikamenten: Es wird zum Beispiel erläutert, wie kühlpflichtige und nicht kühlpflichtige Medikamente sachgerecht zu lagern sind und welche Schutzmaßnahmen bei der Aufbereitung von Medizinprodukten zu beachten sind. Zudem wird erklärt, wie Medizinprodukte zu reinigen, desinfizieren und sterilisieren sind.
- Zur Vervollständigung des Hygieneplans können verschiedene Dokumente beigefügt werden, die eine Praxis braucht. Etwa durchgeführte Hygienemaßnahmen und Schulungen, ein detaillierter Reinigungs- und Desinfektionsplan, ein Gerätemanagement-Konzept, spezifische Arbeitsanweisungen sowie Vorlagen zur Meldung infektiöser Erkrankungen an das Gesundheitsamt.
Als Gerüst für einen passgenauen Hygieneplan kann die Mustervorlage des Kompetenzzentrums Hygiene und Medizinprodukte der KVen und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) verwendet. Darüber hinaus wird in einem YouTube-Video erklärt, wie man die Mustervorlage bearbeiten kann. Ein Hygieneplan muss regelmäßig überprüft und Schwachstellen müssen beseitigt werden.
Schulungen zur Hygiene fürs Team
Er gilt fürs ganze Team, also den Arzt, die Medizinischen Fachangestellten und auch das Reinigungspersonal. Sie müssen sich an den Plan halten und regelmäßig an Hygieneschulungen teilnehmen – mindestens einmal im Jahr und immer bei Neueinstellungen. Dazu werden viele Schulungen in Präsenz und online angeboten. Bei der Akademie des Deutschen Ärzteverlages können Online-Kurse gebucht werden, die jederzeit abrufbar sind.
Die Rolle der Hygienebeauftragten
Die Verantwortung für eine hygienisch einwandfreie Praxis liegt grundsätzlich in den Händen des Praxisinhabers. Allerdings kann diese wichtige Aufgabe auch an eine Medizinische Fachangestellte delegiert werden. Als fortgebildete Hygienebeauftragte macht sie den Hygieneplan, behält dazu alles im Blick, beantwortet Fragen der Kollegen und Kolleginnen und weist sie auf eventuelle Missstände hin. Außerdem kann sie zusätzlich Checklisten, Handlungsanweisungen, Betriebsanweisungen und Schaubilder zusammenstellen, so dass die Praxis ein durchdachtes Hygienekonzept hat.
Praxisbegehung durch Behörden
Im Auftrag des Chefs oder der Chefin kann die Hygienebeauftragte auch mit Gesundheitsbehörden kommunizieren. Etwa vor und nach Praxisbegehungen durch Mitarbeitende des örtlichen Gesundheitsamtes oder anderer zuständiger Behörden. Dabei überprüfen die Kontrolleure zum Beispiel die Dokumentation der Hygiene, den Umgang mit Medizinprodukten und die Räumlichkeiten. Verstöße haben unter Umständen Konsequenzen. Das können Auflagen zur Mängelbeseitigung sein, aber auch (Geld-)Strafen. Wie eine Kontrolle abläuft und wie man sich vorbereiten kann, steht in einem Leitfaden zur Praxisbegehung. Um zu überprüfen, wie es um die Hygiene in der eigenen Praxis steht, bietet die KBV einen kostenlosen Praxis-Check zur Überprüfung an.
Beitrag von Lisa von Prondzinski
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