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Patienten schulen in „Chroniker-Programmen“ 

Disease-Management-Programme (DMP) gehören fest zum Arbeitsalltag vieler Arztpraxen. Denn an diesen sogenannten Chroniker-Programme, zum Beispiel für Diabetes, nehmen viele Patienten teil. Für den Behandlungserfolg sind regelmäßige Untersuchungen, Beratungen und Schulungen der Patienten mitentscheidend. 

DMP sind strukturierte Behandlungsprogramme für chronisch Kranke, bei denen in der Regel keine Heilung zu erwarten ist. Gibt es für diese Patienten ein passendes DMP, können sie freiwillig und kostenlos daran teilnehmen. Grundlage für die DMP ist der § 137f SGB V, die Behandlung erfolgt nach den aktuellen Leitlinien. Kostenträger sind die gesetzlichen Krankenkassen.  

Quelle: /Chinnapong, stock.adobe.com

Die Chroniker sollen mithilfe der DMP ihre Krankheit besser „managen“. Ihre Beschwerden sollen gelindert, Spätfolgen und Komplikationen im Krankheitsverlauf minimiert werden. Beispielsweise sollen Menschen mit Osteoporose Stürze vermeiden. Bei koronarer Herzkrankheit soll das Risiko einer Herzschwäche oder von Herzrhythmusstörungen verringert werden. Neben einer besseren Behandlungsqualität geht es jedoch auch ums Vermeiden unnötiger Doppeluntersuchungen. 

Niedergelassene Ärzte, vor allem die koordinierenden, spielen bei der Durchführung eine zentrale Rolle. Obwohl häufig Hausärzte diese Rolle übernehmen, können auch andere Ärzte wie Kardiologen oder Diabetologen die Koordination übernehmen. Mediziner, die DMP anbieten wollen, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllen und festgelegte Qualitätsanforderungen einhalten.  

DMP-Angebot erweitert 

Die ersten DMP in Deutschland wurden von den Krankenkassen in Zusammenarbeit mit Ärzten im Jahr 2002 angeboten. Nach und nach kamen weitere hinzu, die Teilnehmerzahlen stiegen kontinuierlich. Nach Angaben des Bundesamtes für Soziale Sicherung, das für die Zulassung zuständig ist, nehmen inzwischen rund 8,5 Millionen Menschen daran teil (Stand März 2024). Allein die DMP Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2 zählen knapp 4,7 Millionen Teilnehmende. Derzeit gibt es Programme für folgende chronische Krankheiten: 

  • Asthma bronchiale  
  • Brustkrebs  
  • Chronisch obstruktive Lungenerkrankungen (COPD)  
  • Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2  
  • Koronare Herzkrankheit (KHK)  
  • Chronische Herzinsuffizienz (HI)  
  • Chronischer Rückenschmerz  
  • Depression  
  • Osteoporose  
  • Rheumatoide Arthritis  
  • Adipositas – Erwachsene  

Die meisten dieser Angebote richten sich an erwachsene Patienten, nur Asthma und Diabetes mellitus Typ 1 schließen auch Kinder mit ein. Mit Ausnahme von Brustkrebs sind die DMP zeitlich unbegrenzt. Allerdings kann es je nach Region und Krankenkasse Unterschiede in der Umsetzung, Verfügbarkeit und Vergütung der DMP geben.  

Patientenschulung in der Arztpraxis

Damit die Patienten wichtige Therapiemaßnahmen selbst umsetzen können, sind für sie regelmäßige Patientenschulungen vorgesehen, sodass sie wichtige Informationen zum Umgang mit ihrer Erkrankung erhalten. Es zeigt sich zum Beispiel, dass Patienten mit Diabetes, die an einer Schulung teilgenommen haben, von besseren Blutzuckerwerten profitieren.

Mit einer Genehmigung der zuständigen Kassenärztlichen Vereinigung können Ärzte die Patientenschulungen selbst durchführen oder einen Großteil davon an geschulte Mitarbeiter delegieren. Für folgende DMP-Themen bieten sich Schulungen in der Praxis besonders an:  

  1. Diabetes mellitus Typ 1 und Typ 2: Schulungen zur Therapie ohne Insulingabe, konventionelle Insulintherapie, bedarfsgerechte Insulintherapie und intensivierte Insulintherapie etc. Online-Angebote dazu bietet zum Beispiel die Akademie des Deutschen Ärzteverlages an. 
  1. Asthma bronchiale und chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD): Wirkweise und korrekte Anwendung der Medikamente, Erlernen von Atemtechniken etc. 
  1. Koronare Herzkrankheit: Schulungen zur Behandlung und zum Management der Erkrankung, Bluthochdruckmanagement etc. 
  1. Bluthochdruck ( Hypertonie) gehört derzeit zwar nicht zu den offiziellen Disease-Management-Programmen (DMP), doch einige Arztpraxen bieten spezielle Angebote für Hypertonie-Patienten an, die DMP-ähnliche Strukturen aufweisen. Schulungen sind ein wichtiger Bestandteil.
Quelle: /spyrakot, stock.adobe.com

Regelmäßige DMP-Untersuchungen 

Darüber hinaus sehen die Behandlungsschemata kontinuierliche Beratungen und Untersuchungen der Patienten vor. Auch hier ist ihre Compliance gefragt. Zu den regelmäßigen Terminen gehören Kontrolluntersuchungen wie eine vierteljährliche Blutdruckmessung oder spezielle Untersuchungen. Welche Untersuchungen das sind und ob der Arzt oder die MFA sie durchführt, hängt von der zugrunde liegenden chronischen Erkrankung ab. Beim DMP Diabetes Typ 2 beispielsweise werden folgende Untersuchungen durchgeführt:  

  1. Blutdruckmessung: mindestens halbjährlich  
  1. Nierenfunktion: mindestens einmal jährlich 
  • Berechnung der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR)  
  • Bestimmung der Urin-Albumin-Ausscheidung 
  1. HbA1c-Wert (Langzeitblutzucker), mindestens halbjährliche Kontrolle  
  1. Fußuntersuchung: mindestens halbjährlich  Kontrolle 
  • Untersuchung auf sichtbare Veränderungen 
  • Untersuchung auf gestörte Nervenfunktion 
  • Fußpulse tasten/Untersuchung auf Durchblutungsstörungen 
  1. Augenuntersuchung: ein- oder zweijährliche Kontrolle der Augen zur Früherkennung von Netzhauterkrankungen 
  1. Injektionsstellen bei insulinpflichtigen Diabetikern: mindestens halbjährliche Kontrolle  
  1. Erstellung einer Medikamentenliste bei dauerhafter Einnahme von mindestens fünf Medikamenten: mindestens einmal jährlich 
     
  2. Zusammenspiel Körper, Psyche, Soziales: Überprüfung, ob eine Psychotherapie den Gesundheitszustand verbessern könnte: regelmäßig 

DMP in der Versorgung fest verankert 

Für Ärzte bedeuten die DMP-Angebote einen zeitlichen und bürokratischen Mehraufwand. Gleichzeitig ergeben sich aber auch einige Vorteile. Zu nennen sind hier die zusätzliche Vergütung für Dokumentations- und Koordinationsleistungen, effizientere Abläufe, eine Stärkung des Arzt-Patienten-Verhältnisses sowie die Möglichkeit, sich durch Fortbildungen zum Experten auf dem jeweiligen Gebiet zu entwickeln.  

Als die Programme im Jahr 2002 eingeführt wurden, befürchteten viele Ärzte nicht nur mehr Bürokratie, sondern auch mehr Kontrolle. Von „Kochbuchmedizin“ war die Rede, weil die Programme einen detaillierten Zeitplan für Untersuchungen, Labortests und Beratungsgespräche vorschreiben. Heute sind die DMP aus dem Versorgungsalltag nicht mehr wegzudenken. Vieles läuft gut, wenngleich längst nicht alles. Einige Krankenkassen haben übrigens eigene Namen für die DMP eingeführt: Bei der Barmer GEK heißen sie zum Beispiel „Besser-Leben-Programm“, bei der AOK „Curaplan“.  

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Beitrag von Lisa von Prondzinski

Zur besseren Lesbarkeit verwenden wir zumeist das generische Maskulinum. Gemeint sind selbstverständlich stets Personen jedweden Geschlechts.

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